Warum äußert sich die diabetische Neuropathie bei manchen Patienten durch Schmerzen in den Füßen, während bei anderen die Zehen kribbeln oder die Fußsohlen taub werden? Zur Erklärung dieser Fragen könnten neue Erkenntnisse des Wissenschaftlers Prof. Dan Ziegler vom
Institut für Klinische Diabetologie des Deutschen Diabetes Zentrums der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf beitragen, die anlässlich des Deutschen Diabetes Kongresses 2018 mit dem Fritz-Wörwag-Forschungspreis ausgezeichnet wurden.
Ziegler und sein Team untersuchten bei mehr als 500 Typ-1- oder Typ-2-Diabetes-Patienten das Erbgut im Hinblick auf unterschiedliche Genvarianten für ein Schlüsselenzym des Zuckerstoffwechsels, die sogenannte Transketolase. Dabei stellten sie fest, dass unterschiedliche Genvarianten in einem spezifischen Zusammenhang mit den verschiedenen Ausprägungen der Neuropathie stehen.
Schon frühere Studien legten den Schluss nahe, dass dieses Enzym einen entscheidenden Einfluss auf die Vermeidung von Folgeerkrankungen des Diabetes haben könnte: Das Enzym "entsorgt" angestaute Zwischenprodukte des Zuckerstoffwechsels und wirkt so der Bildung von nerven- und gefäßschädigendem Zucker-Abfall entgegen.
Ein therapeutisch relevanter Bezug zu den Biofaktoren ergibt sich aus der Tatsache, dass dieses Enzym für seine Funktion Vitamin B1 (Thiamin) benötigt. Seine Aktivität hängt daher auch von der Versorgung mit dem Vitamin ab. Bei Patienten mit Diabetes liegt aber häufig ein Mangel an Vitamin B1 vor, da das Vitamin verstärkt über die Nieren ausgeschieden wird. Frühere Studien internationaler Forscherteams zeigten, dass die Vitamin B1-Vorstufe Benfotiamin die Transketolase-Aktivität steigern und dadurch schädigende Prozesse hemmen kann. So können auch Symptome der Neuropathie wie Kribbeln, Brennen, Taubheit oder Schmerzen in den Füßen durch eine Behandlung mit Benfotiamin gelindert werden. Die neuen Erkenntnisse könnten dazu beitragen, diese Behandlungen in der Zukunft zu optimieren, so Zieglers Fazit.
Der Fritz-Wörwag-Forschungspreis wurde in diesem Jahr zum 9. Mal von dem mittelständischen Familienunternehmen
Wörwag Pharma aus Böblingen verliehen. Ziel des vom Firmengründer Dr. Fritz Wörwag ins Leben gerufenen Wissenschaftspreises ist, die Forschung im Bereich der klinischen Anwendung von Biofaktoren zu unterstützen und zu fördern. Zu den Biofaktoren zählen Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und vitaminähnliche Substanzen, die in physiologischen Konzentrationen Mangelerscheinungen ausgleichen und in höheren Konzentrationen pharmakologische Effekte haben können.
Quelle:
1. Ziegler D et al. Association of transketolase polymorphisms with
measures of polyneuropathy in patients with recently diagnosed
diabetes. Diabetes Metab Res Rev 2017; 33: e2811
ots