Unter Parodontitis versteht man eine Entzündung des Zahnbetts und des Zahnhalteapparates, meist durch eine bakterielle Infektion verursacht, die zuerst eine Zahnfleischentzündung hervorruft und sich dann auf den Kieferknochen ausbreiten kann. Hauptursache für Parodontitis sind die Zahnbeläge. Das sind Ansammlungen von Bakterien auf der Zahnoberfläche, die durch ungenügende Zahn- und Mundhygiene entstehen.
Durch ihren langsamen und schleichenden Verlauf bleibt sie meist unauffällig und wird daher oft erst sehr spät erkannt. Zahnfleischbluten oder -schwellungen können bereits erste Vorboten für Parodontis sein. Im fortgeschrittenen Stadium bildet sich das Zahnfleisch immer weiter zurück, so dass die Zähne länger erscheinen.
Die Entzündung hat aber nicht nur lokale Auswirkungen im Mund, sie ist weitaus gefährlicher als bisher gedacht. Das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Frühgeburten und Gelenkrheuma steigt um ein Vielfaches an.
Auch eine Zuckerkrankheit kann sich durch eine Parodontitis verschlechtern, sogar die Entstehung einer Zuckerstoffwechselstörung ist bei einer ausgeprägten Form der Entzündung des Zahnbetts und des Zahnhalteapparates möglich, was durch zahlreiche Studien belegt ist. So zeigt eine solche Beobachtung eines US-Versicherungsunternehmens, dass Herzinfarkt- u. Diabetesrisiko um nahezu 30 Prozent abnimmt, ebenso verringern sich die Behandlungskosten für diese Krankheiten beträchtlich, wenn eine Parodontitistherapie bzw. Prävention erfolgt.
Der Orthopäden Prof. Rischke aus Zürich postuliert, dass durch frühzeitige Parodontitisbehandlung die Zahl (etwa 12.000 jährlich) der Gelenkprothesen, die wegen einer bakteriellen Entzündung wieder entfernt werden müssen, durch eine frühzeitige Parodontitisprävention deutlich gesenkt werden könne.
Inzwischen gibt es bereits Labortests, die eine Parodontitis schon im Frühstadium erkennen lassen und damit auch ohne zahnmedizinische Kenntnisse erfasst werden können. Um eine Parodontitis zu behandeln, muss der Zahnarzt zuerst weiche und harte Zahnbeläge (Plaque) entfernen und vorhandene Zahnfleischtaschen reinigen. Bei tieferen Taschen, was meist bei fortgeschrittener Parodontitis der Fall ist, müssen diese möglicherweise operativ entfernt werden.
Besser als jede Behandlung ist natürlich die Verhinderung der Erkrankung durch eine entsprechende Prophylaxe, wobei neben dem eigentlichen Zähneputzen mit der Bürste eine gute Zahnzwischenraumpflege mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen wichtig ist. Bei regelmäßigen zahnärztlichen Kontrollen in Verbindung mit einer professionellen Zahnreinigung können außerdem Putznischen gesäubert werden.
Raucher haben eine drei- bis sechsfach höhere Gefahr, an Parodontitis zu erkranken. Zudem können Stress, Übergewicht, Vitaminmangel, Diabetes sowie eine Reihe genetischer und hormoneller Veränderungen die Krankheit begünstigen.
Wegen der weitreichenden Auswirkungen auf den menschlichen Organismus ist die chronische Entzündung im Mund, speziell die Parodontitis, keinesfalls mehr nur ein Thema für Zahnmediziner, weshalb der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie, Prof. U. Schlagenhauf, intensive fachliche Zusammenarbeit zwischen Human- und Zahnmedizinern fordert.
Eine andere wichtige Zahnerkrankung, auf die in diesem Beitrag nicht eingegangen wurde, ist die Zahnkaries. Auch sie wird durch Bakterien hervorgerufen und kann zu einer Zerstörung der Zahnsubstanz führen.
Fazit
Die Parodontitis ist nicht nur eine lokale Erkrankung im Zahnbereich, sie kann eine Quelle für Systemerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Zuckerkrankheit und entzündlichen Gelenkrheumatismus sein. Auch künstliche Gelenke können infiziert werden. Um dies zu verhindern, ist die Prophylaxe und - im Bedarfsfall - die frühzeitige Therapie so wichtig. (Hr)
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Gerne steht Ihnen Herr Dr. med. H. Rüdinger, Facharzt für Allgemeinmedizin-Sportmedizin, Rede und Antwort.
Quelle: Ärzteblatt Jg. 108, Heft 17, 2011, S. 949-950