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24.11.2011 | 11:30
E-Zigarette gefährlicher als gedacht Norovirus: hoch ansteckend und im Winter besonders aktiv

Skandal im Hühnerstall: Turbohühner durch Antibiotika-Einsatz


Karlsruhe/Hohenheim - Eine alarmierende Nachricht kam kürzlich aus Nordrhein-Westfalen.

Alarm im Hühnerstall
(c) chris74 - fotolia.com

Einer aktuellen Untersuchung des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Folge wird in der Geflügelmast weit mehr Antibiotika eingesetzt als bislang angenommen. So wurden bei 182 Hähnchenmastbetrieben insgesamt 96 % der Tiere mit Antibiotika behandelt.

Damit die Tiere innerhalb 35 Tagen ihr Schlachtgewicht erreichen, werden diese Substanzen, bis zu acht verschiedene pro Tier, wahrscheinlich als Mastbeschleuniger benutzt, da in 50 % der der Fälle die Medikamente nur 1 bis 2 Tage angewendet werden. Bei medizinischer Notwendigkeit müssen die Präparate aber 3 bis 6 Tage verabreicht werden.

Der größte Teil des im Handel angebotenen Hähnchen- und Putenfleischs stammt aus Großbetrieben. Nicht selten leben dort bis zu 40.000 Tiere auf engstem Raum in einem Stall.

Bisher sind Antibiotika die wirksamsten Medikamente zur Behandlung von bakteriellen Infektionen beim Menschen. Der routinemäßige Antibiotikaeinsatz begünstigt die Entstehung multiresistenter Keime (Bakterien, die unempfindlich gegen bestimmte Antibiotika sind), die für den Menschen gefährlich werden können.

Sowohl im Auftauwasser von Tiefkühlgeflügel als auch im Fleisch haben Wissenschaftler antibiotikaresistente Keime nachgewiesen. Im Auftauwasser konnte das Robert Koch-Institut (RKI) in fast jeder dritten Probe von tiefgekühltem Mastgeflügel multiresistente Bakterien nachweisen. Die nordrhein-westfälischen Prüfer stellten auch fest, dass der Antibiotika-Einsatz in Kleinbetrieben geringer war.

Wer Geflügel aus unbekannter Haltung kauft, sollte für richtige Kühlung sorgen, auf Hygiene bei der Zubereitung achten (nach Kontakt mit Tauwasser Hände waschen !) und ausreichend Garen. Wer sicher sein will, gutes Fleisch zu bekommen, muss sich genau informieren, woher es kommt. Verpackungsangaben wie „bäuerliche Aufzucht“ oder „tiergerechte Haltung“ sagen nichts Verbindliches über die Qualität aus. Lediglich die folgenden vier gesetzlich festgelegten Formulierungen:

1. extensive Bodenhaltung
2. Freilandhaltung
3. bäuerliche Freilandhaltung
4. bäuerliche Freilandhaltung – unbegrenzter Auslauf,

liefern, laut Verbraucherzentrale NRW nach den EU-Kennzeichnungsvorschriften, verlässliche Informationen zur Haltung. Das gilt für alle Geflügelarten. Sind solche Hinweise nicht auf der Verpackung zu finden, kann man davon ausgehen, dass das Geflügel aus intensiver Tierhaltung stammt.

Auf Biohöfen gelten strenge Anforderungen für Tierhaltung, Futter und den Einsatz von Arzneimitteln. Wer also ganz sicher gehen will, sollte das Geflügelfleisch von dort beziehen.


Wie aber kann es sein, dass, trotz des Verbotes seit 2006, Antibiotika als Wachstumsförderer unrechtmäßig eingesetzt werden?

Das Problem liegt offensichtlich auch bei den Tierärzten, die von Mästern aufgefordert werden, Antibiotika zu verschreiben. Wenn ein Tierarzt es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, sucht der Mäster laut Rechtsanwalt Wolfgang Schindler, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung, einen Veterinär mit weniger Skrupel auf.


Fazit

Wer sicher sein will, gutes Fleisch zu bekommen, sollte sich genau informieren, woher es kommt. Auf Biohöfen gelten strenge Anforderungen für Tierhaltung, Futter und den Einsatz von Arzneimitteln. Verpackungsangaben wie „bäuerliche Aufzucht“ oder „tiergerechte Haltung“ sagen nichts Verbindliches über die Qualität aus. Zusätzlich sollte man bei der Zubereitung von Geflügel auf Hygiene achten und das Fleisch gut durchgaren (siehe pharma_factory: "Hygiene im Alltag schützt vor Viren und Bakterien"). (Hr)



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Gerne steht Ihnen Herr Dr. med. H. Rüdinger, Facharzt für Allgemeinmedizin-Sportmedizin, Rede und Antwort.

Dr. med. Heimfried Rüdinger

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